Podiumsgespräch und Konzert

24. Juni 2022

Podiumsgespräch

mit Tania León, Konstantia Gourzi, Beat Furrer und Anne C. Shreffler
Moderation: Dominik Deuber


Tania León genießt hohes Ansehen als Komponistin, Dirigentin, Pädagogin und Beraterin von Kulturorganisationen. Ihr Orchesterwerk Stride, ein Auftragswerk der New Yorker Philharmoniker, wurde 2021 mit dem Pulitzer-Preis für Musik ausgezeichnet. In jüngerer Zeit erhielt sie Aufträge vom Los Angeles Philharmonic, dem NDRSymphonieorchester, dem Grossman-Ensemble sowie von der Pianistin Ursula Oppens und dem Cassatt-Streichquartett. Gastdirigate führten sie zum Orchestre Philharmonique de Marseille, Gewandhausorchester in Leipzig, Orquesta Sinfónica de la Universidad de Guanajuato und Orquesta Sinfónica de Cuba.

León ist Gründungsmitglied des Dance Theatre of Harlem, initiierte die Philharmonic Community Concert Series in Brooklyn, war Beraterin für Neue Musik der New Yorker Philharmoniker und präsidiert Composers Now, eine Organisation, die lebende Komponistinnen und Komponisten unterstützt. León ist emeritierte Professorin der City University of New York und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so etwa den New York Governor’s Lifetime Achievement, Preise der American Academy of Arts and Letters und der American Academy of Arts and Sciences sowie den ASCAP Victor Herbert Award.


Konstantia Gourzi, die die seltene Rolle als Komponistin und Dirigentin auf außergewöhnliche Weise vereint, sagt: «Ich sehe das Komponieren und das Dirigieren als ein Ganzes, als eine untrennbare Einheit.» Sie initiierte und leitete verschiedene Musikformationen wie das ensemble attacca berlin und das ensemble echo in Berlin. Nach ihrer Lehrtätigkeit an der Hochschule Hanns Eisler Berlin wurde sie 2002 als Professorin für Ensembleleitung Neue Musik an die Hochschule für Musik und Theater München berufen, wo sie das ensemble oktopus für musik der moderne gründete. Es folgte das Netzwerk und Ensemble opus21musikplus mit dem Ziel, Neue Musik mit anderen Kunstformen und Musikrichtungen grenzüberschreitend zu erweitern. Konstantia Gourzi wurde in Athen geboren und studierte Klavier, Komposition und Dirigieren in ihrer Heimatstadt sowie an der Hochschule der Künste (UdK) Berlin.


Beat Furrer erhielt seine erste Ausbildung (Klavier) in seiner Geburtsstadt Schaffhausen. 1975 übersiedelte er nach Wien und studierte an der dortigen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Dirigieren bei Otmar Suitner sowie Komposition bei Roman Haubenstock-Ramati. 1985 gründete er das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er seitdem als Dirigent verbunden ist. Seit 1991 ist Furrer ordentlicher Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz. Ende der 1990er gründete er gemeinsam mit Ernst Kovacic «impuls», eine internationale Ensemble- und KomponistInnenakademie für zeitgenössische Musik in Graz. Eine Gastprofessur für Komposition nahm er 2006–09 an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt am Main wahr. Furrer erhielt zahlreiche renommierte Preise und Auszeichnungen, so 2004 den Musikpreis der Stadt Wien, 2014 den großen österreichischen Staatspreis und 2018 den Ernst von Siemens Musikpreis. Seit 2005 ist er zudem Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.

Beat Furrer hat seit den 1980er Jahren ein breites Repertoire geschaffen, das von Solo- und Kammermusik bis zu Werken für Ensemble, Chor, Orchester und Oper reicht. Im Auftrag der Wiener Staatsoper schrieb er 1989 seine erste Oper Die Blinden, 1994 seine zweite Oper Narcissus für den steirischen herbst. 2003 wurde die Oper invocation in Zürich uraufgeführt und 2005 das Hörtheater FAMA in Donaueschingen, für das er 2006 mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig ausgezeichnet wurde. Für das Theater Basel schrieb er 2010 das Musiktheater Wüstenbuch. 2019 kam an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin seine Oper Violetter Schnee zur Uraufführung.


Dominik Deuber erwarb an der Hochschule der Künste Bern ein Performance- und Lehrdiplom in Schlagzeug und absolvierte den MAS Musik-Management. Er war zwölf Jahre lang Managing Director der Lucerne Festival Academy. Seit 2017 ist er Künstlerischer Leiter des Generations International Jazz Festival Frauenfeld, seit Sommer 2020 Direktor des Musikkollegiums Winterthur.

(Biografie Anne C. Shreffler im Abschnitt Vorträge)


ensemble oktopus / Konstantia Gourzi

Tania León
(*1943)
Indígena für Ensemble (1991)
Tania León Ritual für Klavier (1987)
Beat Furrer
(*1954)
Gaspra für Ensemble (1988)
Beat Furrer Nr 2. aus Drei Klavierstücke (2004)
Konstantia Gourzi
(*1962)
Vibrato 1 für Ensemble (2010/2022)
Konstantia Gourzi Aiolos Wind (2010) für Klavier
I. Hommage à Helmut Lachenmann
II. Hommage à György Kurtág
III. Hommage à Peter Raue
IV. Hommage à Claudio Abbado
V. Hommage à Daniel Barenboim
VI. Hommage à Dieter Rexroth
Konstantia Gourzi Vibrato 2 für Ensemble (2010/2022)

Pablo Alcántara Martínez (Flöte)
Marlene Durner (Oboe)
Slavic Cernavca (Klarinette)
Kazuki Nagata (Fagott)
Simon Moosrainer (Horn)
Valentin François (Trompete)
David Montoya Lasala (Perkussion)
Leandro Vicente Hauxwell (Violine 1)
Rodrigo Fernando Castillo Bermejo (Violine 2)
Indre Kule (Viola)
Hayk Sukiasyan (Violoncello)
Harry Atkinson (Kontrabass)

Amadeus Wiesensee (Klavier)
Konstantia Gourzi (Leitung)

Zentrales Ziel des ensemble oktopus für musik der moderne, dem Ensemble für Neue Musik der Hochschule für Musik und Theater München, ist es, den Studierenden einen frühen und unkomplizierten Zugang zu zeitgenössischen Kompositionen zu ermöglichen. Dazu gehört die direkte und intensive Zusammenarbeit der jungen Musikerinnen und Musiker mit Komponisten und Komponistinnen. Seit der Gründung des Ensembles 2002 ist es der künstlerischen Leiterin Konstantia Gourzi ein großes Anliegen, die Urheber und Urheberinnen der gespielten Werke zu Probenphasen und Konzerten einzuladen. Kooperationen u.a. mit der Pinakothek der Moderne München, der Münchener Biennale, der Theaterakademie August Everding, der Biennale in Venedig wie auch zahlreiche Uraufführungen, CD-Aufnahmen und Nominierungen zeichnen die Vielfältigkeit und die Qualität des Ensembles aus.

«Bei der Suche nach einem passenden Namen für das Ensemble hat mich das Bild des Oktopus inspiriert: Wenn man einen Oktopus im Wasser sieht, dann wirkt er sehr klein. Wenn er Angst hat, zieht er sich zusammen. Doch wenn man ihm seinen Raum gibt, dann kann er wachsen, groß werden und sich in seiner ganzen Schönheit zeigen. Und das ist auch mein Wunsch für die Neue Musik: dass sie selbstverständlich wird, dass sie mehr gespielt und so ihre Schönheit entdeckt wird.» (Konstantia Gourzi)